Polarkreis 2014

Vildmarksvägen

Kurz zum 21. und warum ich zu diesem Tag nichts geschrieben habe. Ganz einfach es war nichts los, denn ich hatte mir in Storuman eine Hütte genommen und einen Tag lang gefaulenzt. Der Wetterbericht hatte bereits vorher für den 21. sehr viel Regen vorhergesagt, so dass ich mir kurzentschlossen eine kleine Hütte auf dem Campingplatz gemietet habe und den Tag einfach mal nichts gemacht habe. Muss auch mal sein!

Ein „Vägen“ nach dem anderen. Nach dem Inlandsvägen kommt jetzt der Vildmarksvägen 😉 . Dieser führt den Reisenden zwischen Strömsund und Vilhelmina in einem Bogen in die schwedische Gebirgslandschaft, bis an die Grenze zu Norwegen. Die Runde ist ca. 370 Kilometer lang. Jede Menge landschaftliche Highlights und auch schwedische Siedlungsgeschichte sind zu sehen. U.a. kann ein Nachbau des Bauernhauses von Lars Pålsson, aus der Mitte des 19. Jahrhunderts besichtigt werden. Lars Pålsson? Kennt ihr nicht und fragt euch jetzt, wie ihr diese furchtbare Bildungslücke geheim halten könnt? Keine Panik, ich lasse euch nicht dumm sterben. Lars Pålsson ist die Hauptfigur aus dem Buch „Im Schatten des Marsfjälls“ von Bernard Nordh, welches das harte und entbehrungsreiche Leben der Siedler zur Mitte des 19 Jahrhunderts schildert. Das Buch hab ich auch nicht gelesen, aber wozu gibt es Reiseführer?

Zurück zum 22. und 23.: Normalerweise bin ich kein großer Fan, von solchen touristisch aufgezogenen Wegen oder Straßen. Zu oft bewegt man sich von einem Eintrittshäuschen zum nächsten. Ich hatte allerdings bei der Vorbereitung der Reise sehr viel Positives zum Vildmarksvägen gelesen, so dass ich auch diesem ausgewiesenen Pfad folgen wollte.

Da ich keine Lust hatte, die 370 Kilometer an einem Tag abzuspulen, hatte ich die Strecke in zwei Tagesetappen unterteilt. Ich wollte mir irgendwo zwischen Stekenjokk und Gäddede einen Platz für die Übernachtung suchen. Wie üblich hab ich mir viel Zeit gelassen und an allen interessanten Stellen teilweise längere Pausen eingelegt. Das Wetter wurde auch immer erträglicher, je näher ich der norwegischen Grenze kam – ein fast perfekter Tag zum Fotografieren. Ich hab es tatsächlich geschafft, die 32GB SD-Karte komplett an einem Tag zu füllen. OK – da waren auch mehrere TimeLapse-Aufnahmen dabei.

Jetzt fehlte nur noch der fotogene Sonnenuntergang. Ja ich bin wieder soweit „südlich“, dass die Sonne irgendwann untergeht. Untergang ist hier auf 64°51‘ Nord fast genau um Mitternacht – Sonnenaufgang um 02:00 Uhr. Dazwischen wird es aber nicht richtig dunkel, aber schon etwas dunkler als nördlich des Polarkreises. Ich finde diese hellen Nächte auch nach 14 Tagen, die ich jetzt hier unterwegs bin, immer noch faszinierend. Es war auch einer der Gründe dafür, warum ich unbedingt im Juni fahren wollte.

Jetzt fehlte am 22. nur noch der Übernachtungsplatz. Sah am Anfang nicht so einfach aus, da es kaum Plätze gibt, an denen man einfach so stehen kann. Dann fiel mir aber beim Abzweig zum Ankarvattnet ein Schild auf „vildmarkscamping“. Hörte sich interessant an, also einfach dem Wegweiser gefolgt und nach 6 Kilometern stand ich am Ufer des Ankarvattnet mitten auf einem kleinen schnuckligen Campingplatz. Einrichtung etwas Basic, doch dafür hab ich einen traumhaften Platz direkt am See und mal wieder die totale Ruhe. Die Besitzer sind auch sehr nett, genauso wie die restlichen „Einwohner“, die sich den Tag mit Angeln vertreiben.

In der Nacht waren nur ein paar Vögel zu hören und wahrscheinlich ein Elch (ich vermute, dass es das geblöke eines Elch war, könnten natürlich auch ein paar besoffene Schweden gewesen sein 😉 ). Da es komplett aufgeklart hatte, war es wahrscheinlich die bisher kälteste Nacht des Urlaubs gewesen. Das ist der Nachteil davon, wenn man tagsüber schönes Wetter hat.

Den Vormittag des 23. hab ich im Sonnenschein für ein gemütliches Frühstück genutzt und bei wirklich genialem Licht einige Fotos gemacht. Der See vor mir lag im Windschatten und war komplett spiegelklar.

Aber irgendwann musste ich dann doch weiter. Ich hab nur noch eine Woche, noch ein paar tausend Kilometer zu fahren und möchte außerdem gerne zum Abschluss noch 1-2 Tage auf einem Campingplatz an der Nord- oder Ostsee den Urlaub ausklingen lassen.

Vorher wollte ich mir aber noch in der Nähe des Campingplatzes die Karstlandschaft des Naturreservat Bjurälven anschauen. Hier gibt es auch die größte Höhle in Norwegen, die Korallgrotan. Über Jahrmillionen hat hier das kohlensäurehaltige Wasser das Kalkgestein ausgehöhlt und diese einzigartige Landschaft geformt. Die komplette Wanderung ist 12 Kilometer lang, ich bin aber nur einen Teil davon gelaufen, bis zum Eingang der Höhle. Die Höhle selber darf nur bei geführten Touren betreten werden. Nachdem ich den Eingang in einem tiefen Loch gesehen habe, wäre ich aber auch nie auf die Idee gekommen, dort einfach reinzukriechen. Ja genau kriechen – der Eingang ist relativ niedrig. Die Höhle wurde 1985 entdeckt und bis 2010 waren ca. 6 Kilometer der Höhle kartographiert. Die genaue Größe der Höhle und ob es in dem Gebiet noch weitere unentdeckte Hohlräume gibt, sind momentan noch unklar. Beim Anblick der vielen Löcher in der Landschaft darf man aber davon ausgehen, dass hier noch mehr Höhlen vorhanden sind.

Nach zwei Stunden war ich zurück beim Auto, mit der Feststellung, dass ich die Wanderung leider von der falschen Seite aus angegangen bin. Offensichtlich sieht man, wenn man weiter nördlich, bei dem alten Gehöft am Leipikvattnet einsteigt wesentlich mehr. Wusste ich aber leider nicht, wie ich auch vorher nicht wusste, dass sich in diesem Gebiet eine so interessante Landschaft verbirgt. Ansonsten hätte ich den Ausflug vorher besser vorbereitet.

Ein paar Kilometer vor Gäddede zweigt eine Piste Richtung Norwegen ab. Auf dieser hab ich dann den Vildmarksvägen verlassen und bin auf Nebenstraßen Richtung Östersund gefahren. Dabei bin ich dann doch nochmal nach Norwegen gekommen und durfte die Grenze noch ca. 4mal überqueren, bevor ich auf die Straße Richtung Östersund gelangt bin. Hier pfeift leider wieder der kalte Wind, der mich jetzt schon seit fast 2 Wochen begleitet. Trotz Sonnenschein sehr unangenehm, aber immerhin regnet es nicht und ich habe gerade einen tollen Ausblick auf den Sonnenuntergang.